
Der Weg zu einer besseren Work-Life-Balance
Arbeitskulturen in Europa
Unterschiede in der Arbeitskultur innerhalb Europas
Der frühe Vogel fängt den Wurm – das gilt vor allem für die deutsche Arbeitskultur. Hierzulande beginnen manche Arbeitnehmer ihre Tätigkeit bereits um 6 Uhr morgens. Dafür beenden sie ihren Arbeitstag am frühen Nachmittag und können die restlichen Stunden des Tages für Familie und Freizeit nutzen.
In Frankreich gibt es seit 2017 ein Gesetz, das Unternehmen mit mehr als 50 Angestellten verpflichtet, die Erreichbarkeit ihrer Mitarbeiter auf feste Zeiten zu begrenzen. Das heißt: Innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens sollten Angestellte berufliche E-Mails weder lesen noch schreiben. Damit sollen Arbeitnehmer vor Erkrankungen wie dem Burnout-Syndrom geschützt werden. In Deutschland haben einige Unternehmen bereits eine solche E-Mail-Sperre nach Feierabend eingerichtet – freiwillig.
Finnland setzt den Fokus auf Familien: Väter können bis zu neun Wochen Elternzeit nehmen und erhalten währenddessen 70 Prozent ihres Gehalts. Hierzulande haben Väter sogar auf bis zu 36 Monate Elternzeit Anspruch und bekommen zumindest zwölf Monate lang 65 bis 67 Prozent ihres Gehalts.
Norwegen ist nicht nur für seine ausgesprochen pünktliche Arbeitsmoral bekannt, sondern auch dafür, dass die Mitarbeiter Telefonkonferenzen gegenüber persönlichen Treffen bevorzugen. Die Zeitersparnis geht zugunsten der Work-Life-Balance. In diesem Punkt können deutsche Unternehmen von ihren nordeuropäischen Nachbarn noch etwas lernen.
Arbeitszeiten im europäischen Vergleich
Auch im Hinblick auf die Arbeitszeiten gibt es Unterschiede innerhalb Europas. Bei der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit liegt Deutschland mit 34,9 Stunden unterhalb des europäischen Mittels. Mit 30,4 Stunden pro Woche arbeiten die Menschen in den Niederlanden am wenigsten. Arbeitnehmer haben dort die Möglichkeit, auf Teilzeit umzustellen – bei einer gleichbleibend hohen Arbeitsproduktivität. In Spanien spielen eher klimatische Bedingungen eine Rolle bei der Arbeitszeit: Im Sommer wird aufgrund der hohen Temperaturen weniger gearbeitet, im Winter dagegen etwas länger.
Durchschnittliche Wochenarbeitszeit in Std.
- Europäische Union (28 Länder) 37,1
- Griechenland 42,0
- Bulgarien 40,0
- Polen 39,4
- Island 39,1
- Frankreich 37,3
- Finnland 36,8
- Deutschland 34,9
- Norwegen 33,8
- Dänemark 33,2
- Niederlande 30,4

Kürzere Arbeitswochen für mehr Work-Life-Balance
Was lässt sich aus diesem Vergleich europäischer Arbeitskulturen ableiten? Der Trend in Europa geht in Richtung einer kürzeren Arbeitswoche – nicht zuletzt, um die Work-Life-Balance zu stärken. Eine Studie des HR-Experten ADP ergab, dass 56 Prozent der europäischen Arbeitnehmer eine Vier-Tage-Woche bevorzugen würden. 13 Prozent würden dabei sogar Gehaltseinbußen in Kauf nehmen. Ihnen geht es darum, Berufs- und Privatleben stärker in Einklang miteinander zu bringen.
Auch Unternehmen haben erkannt, dass eine gute Work-Life-Balance die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeiter im Job erhöht. In ihrer Freizeit haben sie dann mehr Zeit für soziale Kontakte, Hobbies und ehrenamtliches Engagement. Im Gegensatz dazu senken lange Arbeitszeiten die Produktivität und erhöhen das Fehler- und Unfallrisiko.
Ein optimales Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit
Es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen, die Unternehmen und Mitarbeiter umsetzen können, um ein gesundes Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben zu finden.
Tipps für Unternehmen:
- flexible Arbeitszeiten statt Nine-to-Five (z. B. Gleitzeit, Home Office oder Sabbatical)
- Gesundheitsvorsorge im Betrieb (z. B. gesunde Kantinenversorgung, Grippeimpfungen oder Kurse für Rückenschule)
- Kinderbetreuung vor Ort
- Sportkurse im Betrieb oder Vorteilstarife im Fitnessstudio
Tipps für Arbeitnehmer:
- viel Zeit mit Familie und Freunden verbringen
- ehrenamtliche Tätigkeiten, beispielsweise in lokalen Vereinen
- mehrere Kurzurlaube über das Jahr statt ein Urlaubsblock im Sommer
- für sportlichen Ausgleich sorgen
Auch ein 20-minütiger Spaziergang im Grünen senkt das Stresslevel. Hier können wir von den Finnen lernen: Sie lieben ihre Wälder und Seen und gehen gern in der Natur wandern, um sich zu entspannen. Das ist einer der Gründe, warum sie so glücklich sind. So ist selbst in Japan heilsames Waldbaden zu einem aktuellen Trend geworden, der sich aufgrund des stressigen Arbeitsalltags entwickelt hat.
Mehr Zufriedenheit im Job durch New Work
Die Digitalisierung ermöglicht neue Arbeitszeitmodelle und ortsunabhängige Tätigkeiten. Durch diese New-Work-Modelle kann die Arbeitszeit effektiver genutzt werden. Wie einige Studien belegen, ist die Produktivität bei einem Sechs-Stunden-Tag genauso hoch wie bei einem Acht-Stunden-Tag. Die Niederlande machen es bereits vor. Auch sie gehören zu den glücklichsten Nationen der Welt.